Als Kind überlebte sie Theresienstadt und Auschwitz. Ihren Lebensmut bewahrte sie sich. Für mich war sie eine der großen Lehrerinnen der Menschlichkeit. Gestern starb Greta Klingsberg im Alter von 92 Jahren in Jerusalem.
„Das Leben ist schön“, sagte sie und lachte in die Kamera. Es war dieses Strahlen in ihren Augen, das einen umgehend in ihren Bann zog. Für unseren Film und das Buch Mut zum Leben - Die Botschaft der Überlebenden von Auschwitz besuchten wir Greta Klingsberg 2013 in ihrem Haus in Jerusalem. Herzlich empfing sie uns und führte uns voller Stolz durch ihren Garten. Hier in der Natur, die sie so liebte, war sie ganz in ihrem Element. Flink und geschmeidig bewegte sie sich zwischen den Bäumen und Blumenbeeten hin und her. Die Leichtigkeit und Lebensfreude, die sie umgab, ließen nichts von den schweren Jahren ihrer Kindheit erahnen.
1938, nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland, floh ihre Mutter mit den beiden Töchtern aus Wien ins tschechische Brünn, wo sie diese in einem Kinderheim versteckte. Doch auch hier waren die Kinder nicht lange in Sicherheit. 1942 wurde die 12-Jährige Greta mit ihrer Schwester ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Hierher waren viele jüdische Künstler verschleppt worden, unter ihnen der Komponist der Kinderoper Brundibár Hans Krása. Er erkannte das musikalische Talent von Greta und gab ihr die Hauptrolle der Aninka in der legendären Kinderoper. Die Aufführungen gaben vielen Kindern Mut und Hoffnung in ihrer trostlosen Lebenssituation und Brundibár gilt bis heute als eines der wichtigsten Zeugnisse des kulturellen jüdischen Widerstands. 1944 wurde Greta nach Auschwitz deportiert. Hier wurden fast alle Kinder aus Theresienstadt – unter ihnen Gretas jüngere Schwester – ermordet.
„Überlebt zu haben ist ja noch kein Verdienst“, sagte sie entschieden. „Es kommt darauf an, was man damit macht. Was ich aus dieser Zeit gelernt habe, ist, den Wert zu erkennen, den die kleinen und einfachen Dinge des Lebens haben.“
Die Musik war ihr Lebenselixier. Und die vielfältigen Begegnungen mit Menschen weltweit. „Ich lebe gerne und ich habe die Menschen gerne. Ich habe sehr viele gute Freunde, die mir meine Familie ersetzen. Und ich gehe zwischen den Sprachen spazieren, was ein Brückenbau ist zwischen den Menschen und die Toleranz fördert.“
Die Kinderoper Brundibár wird heute in vielen Ländern der Welt wiederaufgeführt. Dass die bewegende Botschaft der Kinder aus Theresienstadt nicht in Vergessenheit geriet, ist zu einem großen Teil dem Engagement von Greta Klingsberg zu verdanken. In unserem Film sang sie gemeinsam mit Kindern aus Deutschland den hoffnungsvollen Schlusschor der Oper: „Ihr müsst auf Freundschaft bauen, den Weg gemeinsam gehen, auf eure Kraft vertrauen und zueinanderstehen. Dann kann euch nichts mehr trennen.“
Am 30. August ist Greta nach jahrelanger Krankheit in Jerusalem gestorben. In meinem Herzen und in dem Herzen vieler Menschen aber lebt sie fort.
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